Aus dem Leben gegangen. Eine Brille, eine Zeitung und anderes mehr liegt auf dem Tisch in Peter Kramers Stube.
Nachruf
Es gibt viele Sichtweisen auf Peter Kramer Seine Tochter Sabine Kramer hat ihn bei der Trauerfeier folgendermaßen beschrieben:
Wer war Peter Kramer?
Er war ein Schaffer und manche sahen ihn auch als Künstler. – Er war der Wirt vom Schönbergturm: der „Schembergpeter“. – Er schuf und lebte in der Gönninger Straße in Pfullingen. – Er war ein eigenwilliger und besonderer Mensch. – Er ist aufgefallen. – Er war ein sogenanntes „ Original“.
Geboren wurde er am 7.11.1942 und wuchs in Pfullingen als Einzelkind bei seiner Mutter auf. Sein Vater starb im Krieg als er gerade mal 1 Jahr alt war. Sein einzigster Onkel und sein Opa starben ebenfalls früh und so wuchs er im Kreise seiner Mutter, Tanten und Cousinen auf. Nach der Volksschule machte er eine Lehre als Hochdruckrohrschlosser bei den Rieberwerken in Reutlingen. Später arbeitete er dann bei der Fa. Bosch in Reutlingen. Als diese im Jahr 1983 seine Abteilung schlossen wechselte er zur Firma Markert in Engstingen. Bei einer Auslandsmontage in der Schweiz lernte er 1965 seine Frau, die Kathi kennen, mit der er zwanzig Jahre zusammen lebte und zwei Kinder bekam. Zuerst seinen Sohn Thomas und dann seine Tochter Sabine. In jungen Jahren war Peter Kramer sehr sportlich. Er fuhr Radrennen, wo er sogar die eine und andere Gaumeisterschaft gewann. Er war ein Naturverbundener Mensch und war gerne in den Bergen. Mit seiner Familie und seinen Kameraden fuhr er Ski und wanderte auf der Alb und in den Bergen. Eine Knieerkrankung hinderte Peter Kramer mit der Zeit immer mehr an sportlichen Betätigungen.
Stadtbekannt wurde er durch seinen Kioskbetrieb auf dem Schemberg. Über 30 Jahre bewirtschaftete er von Frühjahr bis Herbst jedes Wochenende den Kiosk im Turm. Zunächst die ersten 15 Jahre zusammen mit seiner Familie. Später als seine Frau sich von ihm trennte alleine.
Dort auf den Schönberg kamen viele Leute gerne um eine Wurst zu grillen und um einen Schwatz mit ihm, dem Schemberg-Peter zu halten. Er wußte immer viele Geschichten zu erzählen. 1993 kaufte er das Grundstück vor seinem Wohnhaus mitsamt einem alten Bauernhaus. Fortan investierte er viel Zeit und Energie um dieses Haus zu erhalten – inzwischen hat er es zu einer Art „Gesamtkunstwerk“ gestaltet. Nur zu besonderen Anlässen verließ er sein dortiges Reich.
Peter Kramer war ein „Jäger und Sammler“ – er liebte die Dinge wie sie sind und egal ob alte Antiquitäte oder billiger Schund – alles hatte seinen Wert für ihn. Er warf nix weg, denn für jeden Gegenstand konnte eines Tages der Zeitpunkt kommen an dem er ihn benötigte. Dann verarbeitete er sie für eines seiner unzähligen (Kunst?)Projekte. Er war kreativ und hatte viele Ideen. Und er hatte einen ganz besonderen Blick auf die Dinge.
Er liebte es, wenn Gegenstände ihre Geschichte erzählten und an ihren Gebrauchsspuren sichtbar wurde was sie durchgemacht hatten. Er konnte sich an einem Gitterrost begeistern, welcher von Säure und Rost zerfressen war. Er verstand es gewöhnliche Gegenstände die sonst niemand mehr gebrauchen konnte weiter zu verarbeiten. Nicht einfach nur konservieren – er wollte, das sie gesehen werden und dass sie weiter vom Leben erzählen! Das, das so ist wußten die Leute, die ihn kannten und es kannten ihn viele – diese brachten ihm ihre alten Schätze vorbei, oder ihr altes Klomp – wie man es halt so sieht – der Peter freute sich über alles und irgendwann konnten die Leute, ihren alten Kruscht wieder an einem seiner zusammen geschweißten Skulpturen oder in einer seiner Stuben wiederentdecken. Ja er verstand was von seinem Handwerk. Er war ein genialer Schweißer. Er war eine Koryphäe auf seinem Gebiet.
Peter Kramer hatte viele Helfer, die ihm bei der Verwirklichung seiner Projekte unterstützten. Doch das Schaffen mit ihm machte nicht immer Spaß. Denn Peter Kramer hatte immer ganz klare Vorstellungen und genau so mußte die Arbeit gemacht werden. Das war nicht immer einfach für die Anderen. Wenn man sich sein Haus und all die Schätze die er erschaffen hat anschaut, fragt man sich auch, wann er das nur alles erschaffen hat – die Nachbarn wissen´s und können ein Lied davon singen: Tag und Nacht. Er hat zu jeder Uhrzeit gearbeitet. Fast ständig war er von irgendwo auf seinem Grundstückes zu hören, wie er klepperte und schepperte und manchmal hörten man auch wie er sein Grammophon im Garten spielte. Seit seinem Tod ist ruhiger geworden in der Gönningerstraße und viele vermissen ihn mit seiner unverwechselbaren Art.
Er war in vielen Pfullinger Vereinen aktiv. Zum Beispiel bei dem Schützenverein und beim Albverein, insbesondere aber bei den Höhlenforschern, der Brauchtumspflege und der Bergwacht. Immer wieder dachte er sich aufsehenerregende Aktionen aus. Zum Beispiel mostete er mit vielen Helfern viele Jahre vor seinem Haus in der Gönningerstraße mit einer alten Handbetriebenen Saftpresse. Und er dachte sich spektakuläre Auftritte und Unternehmungen aus, mit denen er so manches Fest in Pfullingen belebte.
Viel Energie verwendete er darauf andere zum Narren zu halten – so installierte er auf dem Schönberg vor vielen Jahren eine Wasserpumpe aus der es immer leicht tröpfelte – aber natürlich wurde diese nicht von einer Quelle gespeist sondern von einem kleinen Wasserkanister der nicht sehr viel mehr hergab als ein paar Tropfen. Diebisch freute er sich dann darüber wenn die Leute anfingen schweiß-treibend die Pumpe zu betätigen und sich wunderten warum trotz größter Anstrengung nicht mehr herauskam. Und an seinem Haus hat er eine Wetterstation angebracht auf welcher groß Wetterbericht steht. Durch das öffnen des Türchens in Kopfhöhe kann man herausfinden was der Wetterbericht sagt. Wenn man neugierig war und es schwungvoll öffnete, konnte es passieren, dass man eine Ladung Wasser abbekam.
Peter Kramer ist ein sehr besonderer Mensch gewesen. Er war nicht einfach, man musste ihn nehmen wie er ist. Das er viel Alkohol getrunken hat, war belastend. Für seine Gesundheit und auch für seine Familie und Freunde.
Er war ein Mensch der Gegensätze. Peter Kramer ist sich immer treu geblieben und war doch ein Mensch der Gegensätze. Er war sehr gesellig und lustig und zog sich doch auch oft in seine Einsamkeit zurück.
Er war ein Menschenfreund und war Herzensgut und hatte doch auch mit so manchem Krach. Er war stur aber auch weltoffen, sozial und tolerant. Er war antiquiert und hochmodern. Er war zeitlebens gewerkschaftlich organisiert. Er war ein konservativer Anarchist. Er fühlte sich seiner Heimat stark verbunden und reiste gerne in die Fremde. Peter Kramer war ein kluger Kopf, er hatte ein umfangreiches Wissen auf vielen Gebieten, er war interessiert an der Welt, an Menschen, Ländern und fremden Kulturen. Im März 2010 reiste er 3 Wochen mit einem Freund in dessen Heimatland Tunesien um dort mit ihm dessen Hochzeit zu feiern. Und er hatte noch viel vor…
Am 08.10.2010 starb Peter im Alter von 67 Jahren im Klinikum am Steinenberg. Bei der Trauerfeier in Pfullingen, am 15.10.2010 waren über 250 Trauergäste da – unter ihnen auch Pfullingens Bürgermeister Rudolf Heß, was Peter Kramer gut gefallen hätte – und nahmen Abschied von ihm, von Peter Kramer, einem ganz besonderen Menschen.