Veranstaltung – »Isch des Kunscht odr ka des weg?« GEA vom 13.10.12
Reutlinger Generalanzeiger vom 13.10.2012:
Veranstaltung – »Isch des Kunscht odr ka des weg?« ist das Thema von Führungen durch Peter Kramers Schaffwerk
Im Schaffwerk: Schembergpeters Vermächtnis
VON FRANZISKA PUDELKO
PFULLINGEN. Jede Menge »Gruscht«? Ein außergewöhnliches Hobby? Oder sogar Kunst? Diese und viele weitere Fragen stellte sich Sabine Kramer, als es darum ging, was aus der Hinterlassenschaft ihres Vaters Peter Kramer werden soll. Ein richtiges »Schaffwerk« hatte sich der gelernte Schlosser und Wirt des Schönbergturms über die Jahre erbaut.
»Gesammelt und gebastelt hat er schon immer gern, aber richtig angefangen hat eigentlich alles erst mit dem Kauf des alten Bauernhauses in der Gönninger Straße 1992«, erinnert sich die Tochter. Im Laufe der Zeit hatte sich das Haus zu einem sich stetig verändernden Gesamtkunstwerk entwickelt.
»Mit dem Haus sind auch finanzielle Lasten verbunden«
Beim Streifzug durch die Räume gibt es eine Fülle von Dingen zu entdecken: Bilder, Bügeleisen, Geweihe, Flaschen, Konstruktionen aus Hufeisen, Holz und Eisen, Spiegel, Öfen und sogar ein Traktor. All diese Erfindungen, Fundstücke, Kunst- und Gebrauchsgegenstände möchte Sabine Kramer jetzt für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Deshalb bietet sie Rundführungen an zunächst zwei Wochenenden im Oktober an. »Wie es dann weitergeht, wird sich zeigen«, sagt sie. Im Moment denke sie über einen Kiosk oder Ähnliches nach. Gern möchte sie das Bauernhaus erhalten, aber nicht um jeden Preis. »Damit sind auch zeitliche und finanzielle Lasten verbunden«, räumt sie ein.
Obwohl das Sammeln und Herumbasteln an alten Gegenständen ihre Sache nicht ist, empfindet sie für das Haus eine Verantwortung und sieht es als eine Verbindung zu ihrem Vater: »Alles hat irgendwie mit ihm zu tun«. Um genug Zeit für das Erbe zu haben, hat sie sogar ihre Arbeitszeit bei der Bruderhaus-Diakonie verkürzt. Unterstützung für das Projekt Schaffwerk bekommt sie von allen Seiten. Die komplette Nachbarschaft steht hinter ihr und hilft mit. »Per SMS hat mir eine Nachbarin Bescheid gegeben, dass ein Dachfenster im Haus offensteht«, erzählt Sabine Kramer.
Das ungewöhnliche Haus besteht nur aus »guten Stuben«. Küche und Badezimmer werden hier vergeblich gesucht. Da und dort tauchen gemütliche Sitzmöglichkeiten auf, die darauf hindeuten, dass Peter Kramer die Geselligkeit liebte: »Im Haus hat er mit Freunden oft eine Gaudi gehabt«.
Auch an Witz fehlt es nicht: So gibt es ein »Hochsofa« für eine bessere Aussicht aus dem Fenster oder einen alten Schrank, der zur Außentoilette mit Klostuhl umfunktioniert wurde. Neben dem Haus sind viele Skulpturen und Erfindungen zu bestaunen, der »Eismann« und der »Rapunzelturm« ziehen die Blicke auf sich.
Die Wiederverwertung alter Dinge und Fundstücke war Peter Kramer wichtig. Er habe die Arbeit gesehen, die in den vielen, zum Teil auch defekten Dingen stecke: »Irgendjemand hat da mal Zeit und Energie reingesteckt«, hat er einst seiner Tochter erklärt. Weggeworfen habe er eigentlich nie etwas, erinnert sie sich. Dennoch sei er kein »Messie« gewesen, sondern sehr sortiert, beteuert Sabine Kramer.
Weil er die alten Dinge, die scheinbar keiner mehr brauchte, auf seine Weise wertschätzte, gaben die Leute ihm ihren Trödel. Obendrein machte er mit witzigen Aktionen in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam. So fuhr er zum Beispiel oft mit Mütze und Felljacke bekleidet mit seinem Motorrad oder einem alten Fahrrad zu öffentlichen Veranstaltungen. »Mein Vater war in der Stadt bekannt. Viele Leute nannten ihn ein Pfullinger Original«, erzählt die Tochter. Auch deshalb brachten ihm die Leute kistenweise ihr altes Zeug.
»Er war oft einsam, ein schlauer Kopf und ein echter Pfullinger«
Das Haus spiegelt die Persönlichkeit Peter Kramers als Schaffer und Künstler wider. Er habe immer was zu lachen gehabt – habe damit auch Grenzen überschritten. »Er war oft einsam, ein schlauer Kopf und ein echter Pfullinger«, sagt Sabine Kramer über ihren Vater. Ein Raum zum Treffen mit Freunden sei ihm wichtig gewesen. Dafür sollte seine von ihm selbst so benannte »Schlechtalhütte« dienen.
Unter den Pfullingern finden sich sowohl Kritiker als auch Bewunderer, Neugierige und Menschen, die ehrlich an seinem Werk interessiert sind. »Die Leute haben ihn entweder geliebt oder gehasst«, bemerkt Sabine Kramer.
Probe-Führungen mit guten Bekannten hat es im »Schaffwerk« schon gegeben. Mehr als 200 Leute haben an diesen »tollen Erlebnissen« teilgenommen. Vor allem Kramers Freunde und ihre Erinnerungen an den Hobby-Künstler möchte die Tochter in die Touren einbeziehen: »Das Haus ist und war für viele unterschiedliche Menschen interessant. Das soll jetzt deutlich werden.« Sie möchte Bezüge zur Sache herstellen, das Besondere an den Kunstgegenständen hervorheben und die wertvollen Erinnerungen erhalten.
Das Schaffwerk, betont Sabine Kramer, soll lebendig bleiben, sich weiter verändern. Seine Energie müsse spürbar bleiben. Vom 20. Oktober an kann sich jeder selbst von den »Schätzen« überzeugen, die Haus und Gelände in der Gönninger Straße 112 zu bieten haben.
Weitere Informationen dazu gibt es im Schaffwerk-Blog im Internet. (GEA)